Auch Tony Attwood hat in seinem Buch über das Asperger-Syndrom darauf hingewiesen, dass Mädchen und Frauen mit AS möglicherweise genauso häufig, aber weniger auffällig sind als Jungen und Männer, und damit oft durch das Diagnoseschema fallen. Attwood begründet diese "unauffälligeren Mädchen" mit den unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen von Mädchen und Jungen, die Mädchen eher eine soziale Integration unter Gleichaltrigen ermöglichen und damit schlicht mehr "Input" zum sozialen Lernen.
Nun hat ein weiterer bekannter Autismus-Spezialist, Christopher Gillberg, sich ebenfalls öffentlich zu den "unauffälligeren Mädchen" geäußert:
Zitat:
Und entdeckt einstweilen mögliche neue Diagnoselücken: Möglicherweise gebe es mehr autistische Mädchen als bisher diagnostiziert, warnt Autismus-Forscher [extern] Christopher Gillberg. Bisher nahm man an, dass Jungs viermal so häufig wie Mädchen autistische Verhaltensweisen entwickeln. Eine Analyse des X-Chromosoms ergab jedoch nichts, was auf eine männlich-genetische Komponente hindeuten würde. Gillberg meint nun, dass Mädchen mit Asperger oft passiver und verhaltensunauffälliger seien und dann nur als schüchtern angesehen würden. So vermutet er auch eine Verbindung zwischen Autismus und Magersucht, das Zählen von Kalorien könne eine typische autistische Fixierung darstellen. Mädchen würden auch, anders als Jungs, teilweise Informationen über Menschen sammeln statt über Dinge und damit aus dem gängigen Diagnoserahmen fallen.
Quelle (Der Artikel wurde hier schon zum Thema Feriencamp verlinkt).
Mir fällt zu diesem Thema auch noch ein, dass der Diagnoserahmen so ist, wie er ist, weil er anhand von Jungen entwickelt wurde. Geschlechterunterschiede gibt es auch bei NT's, und ebenso geschlechtsspezifisch unterschiedliche Interessenlagen. Warum sollte es das unter Autisten nicht geben? Ebenso, wie aber auch bei NT's Sozialisationsbedingungen und Interessen nicht ausschließlich vom Geschlecht abhängen, dürfte das auch unter Autisten nicht der einzige Einflussfaktor sein, und das für den Geschlechterunterschied festgestellte erweitert damit letztlich insgesamt die Vorstellungen von möglichen Ausprägungsformen von Autismus und lässt sie weniger klischeehaft werden.