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Autor Nachricht
an3010
(stillgelegt)

Was kann Dein Sohn alles Norbert?

[In Ableitung der Sanktionen aus früheren Kniggeverfahren aufgrund Moderationsentscheides bis zum 25.10.2011 vollgesperrt (aktuelle verlängerte Frist siehe unten) wegen wiederholter Indiskretion. Gegen diese Entscheidung können andere Nutzer eine Revision anstreben.

Wegen wiederholter Sperrumgehung via Gastzugang selbst nach einem Hinweis auf die Anleitung mit dazu teils noch provokativen Inhalten, nach welcher im Ermessen des Administrators Sperrumgehungen mit unbegrenzter Sperrung geahndet werden können, wurde die Dauer der Vollsperrung bis zum 28.2.2012 verlängert.

Wegen unbelehrbarer weiterer Sperrumgehungen wurde die Sperrdauer auf ein Jahr bis zum 1.9.2012 verlängert.

Eine eventuelle Wiederfreischaltung erfolgt nach Ablauf der Frist auf Nachfrage, mfg [55555]]
19.03.10, 15:07:23
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NorbertMN
(Standard)

Noch mal kurz, Maria,

Italien hat da ja schon einmal den Weg gewiesen - mit Franco Basaglia. Ich bin völlig einig mit dir, wenn es um schulische Integration geht. Hier in Österreich ist das auch erheblich weiter entwickelt als in Deutschland.

Lorenz hat übrigens auch keine Wutausbrüche. Er kennt die Emotion "Wut" nicht. Er war immer ein sehr ausgeglichenes, in sich ruhendes Kind. Mit der Pubertät hat sich das leider ein bisschen geändert. Aber das ist ja nicht nur bei behinderten Kindern so.

So etwas wie Essensentzug gibt es bei uns nicht. Aber ich zerre ihn schon manchmal, zB wenn er die Hose voll hat und die Windeln gewechselt kriegt. Du schreibst, wenn deiner nicht in den Kindergarten will, gehst du eben mit auf den Spielplatz. Nun, Lorenz geht gerne in die Schule, das war nie anders, und wir haben da also kein Problem. Aber selbst wenn er nicht wollte: Ich würde nicht meinen Beruf aufgeben, um nur noch für ihn da zu sein. Ich weiß, viele, vor allem Frauen, tun das. Ich nicht. Meine Frau übrigens auch nicht. Das meine ich, wenn ich von Abgleich der Interessen sprechen. Nicht flüchten, sich aber auch nicht aufopfern. Franco Basaglia würde mir da heftig zustimmen.

Und noch mal zum Forum Rehakids: Ich gebe zu, einige haben sehr dünnhäutig auf dich reagiert. Aber wenn du wirklich nicht provozieren wolltest, dann kommunizierst du mindestens missverständlich. Ich stelle fest, dass in diesem Forum ein deutlich aggressiverer Ton herrscht als bei Rehakids. Mir ist der von Rehakids lieber.
19.03.10, 15:17:50
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Sossimilo
(Angehörigenbereich)

geändert von: Sossimilo - 19.03.10, 16:41:05

Also uns hat dieses Forum auch schon sehr geholfen im Umgang mit unserem Sohn. Ich habe auch schon oft bei Rehakids gelesen, aber mir sind da extrem viele Mütter aufgefallen, die die ganze Zeit rumjammern, wie anstrengend doch das Leben mit ihren Kindern ist.

19.03.10, 16:40:32
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von NorbertMN:
Auch wenn sich beide Parteien im inneren Gleichgewicht befinden und einander respektieren, haben sie immer noch verschiedene Interessen.

Warum betonst du das so vehement? Menschen gehen von sich aus aufeinander ein, das ist unter normalen Umständen kaum ein Problem.
Zitat:
Meinst du wirklich, ich bräuchte nach 16-jährigem Zusammenleben mit meinem Sohn einen Tester oder eine Testerin, um mir darüber klar zu werden, was er kann und versteht und was nicht?

Aus vielfacher Erfahrung mit NA-Eltern könnte ich hier nur klar antworten, daß zumindest die Einschätzung dieser Eltern auch nach dieser Zeit noch überhaupt nichts darüber aussagt wie die tatsächlichen Voraussetzungen aussehen. Dabei fällt mir schon auf, daß du bisher gar nicht auf den Hinweis bezüglich des gravierenden Faktors der Lebensbedingungen eingegangen bist. Wenn man dich seit frühester Kindheit unter immens lauten Diskogeböller und anderem Zumutungen aufgezogen hätte, was meist du welchen Eindruck du uns heute abgeben würdest?
Zitat:
Ich muss mich nicht dafür genieren, dass ich nicht autistisch bin. Toleranz ist keine Einbahnstraße.

Ich weiß jetzt nicht ganz, wie es zu solchen Aussagen kommt, aber falls du dich deswegen minderwertig fühlst, sei dir mitgeteilt: Jeder hat seine Stärken und Schwächen.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
19.03.10, 16:55:37
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NorbertMN
(Standard)

Hallo Maria,

was Integration und Kritik an der Medikalisierung angeht, bin ich völlig deiner Meinung. Italien hat da mit Franco Basaglia den Weg gewiesen. Unser Lorenz hat aber auch keine Wutanfälle, er ist ein sehr ausgeglichenes Kind. Ich habe leicht reden. Es gibt auch ganz andere Kinder, und ich würde mir nicht anmaßen zu behaupten, das läge am Verhalten der Eltern.

Ich finde es ja auch toll, wenn man als Autist in der Kritik und in der Auseinandersetzung mit einer nicht autistischen Umwelt glücklich wird. Mir würde auch nicht einfallen, zum Thema Autismus schlechthin etwas Sinnvolles beizutragen. Ich habe einen rumänischen Freund mit Asperger, der allerdings schon darunter leidet, dass er ständig aneckt, dass sein Verhalten als brüsk und plump empfunden wird. Er versucht sich anzupassen, aber es fällt ihm sehr schwer. Arbeit hat er keine, früher oder später ist er überall rausgeflogen - weil die anderen seine Art zu kommunizieren nicht mochten. Zugegeben, auch ich halte ihn nicht allzu lange aus - etwa wenn er ununterbrochen redet, ohne darauf zu achten, ob man ihm noch folgen kann. Aber ich mag ihn. Die meisten anderen mögen ihn nicht. Dartunter leidet er.

In einem Punkt denke ich ganz anders als du: Wenn Lorenz nicht in die Schule wollte (was er zum Glück aber will, er fühlt sich sogar sehr wohl dort!), würde ich nicht statt dessen eben mit ihm auf den Spielplatz gehen. Ich würde nicht meinen Beruf aufgeben, um nur noch für Lorenz da zu sein. Meine Frau auch nicht.

@connySL: Wenn mein Kind und ich gegensätzliche Bedürfnisse haben, was immer wieder vorkommt, dann kommt es auch zu Win-loss-Situationen. Es lässt sich nicht immer alles wegharmonisieren. er will mich zB am liebsten Tag um sich haben. Ich will aber auch arbeiten. Das wollte ich ausdrücken.
19.03.10, 18:02:43
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feder
(Autistenbereich)

geändert von: feder - 19.03.10, 18:35:36

Da hier mehrmals auf die Ausgeglichenheit von Lorenz hingewiesen wurde: Ausgehend von mir selbst ist es so, dass ich, selbst wenn für mich die Situation überhaupt nicht mehr in Ordnung ist, so wirken kann, als ob alles bestens oder alles egal wäre. Wie die häusliche Situation bei euch aussieht, weiss ich nicht, aber "nur" von der Abwesenheit von Wutanfällen auf ideale Umstände zu schliessen, finde ich gefährlich.
19.03.10, 18:34:56
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

geändert von: starke Dame - 19.03.10, 20:39:57

Hallo Norbert,

ich lese ja rege was Du hier und in Rehakids schreibst. Es stimmt nicht, dass ich irgendwo geschrieben habe ich weiß wie man es machen muss. Ich habe immer nur von mir geschrieben wie ich alles händle.

Und nachdem ich wirklich beschimpft worden bin, darf ich sagen, dass die Personen widerlich sind. Sie haben sich mir gegenüber widerlich aufgeführt. Ich kann nichts dafür, dass ihr mich nicht versteht. Ihr dürft nicht immer etwas lesen, dass ich nicht schreibe. Wenn ihr in einem Text nur die darin enthaltenen Worte gelesen hättet und nicht versucht hättet etwas zwischen den Zeilen hinein zu interpretieren, wären solche Angriffe, bzw. schon fast virtuelle Übergriffe auf meine Person nicht vorgefallen.

Ich habe geschrieben, kann es vielleicht sein... oder bei mir ist das so und peng, als wenn ich in ein Wespennest gestochen hätte. Es erschien mir so, dass meine Handlungen wie ich zu Hause etwas mache, bei euch unangenehme Gefühle hoch gebracht haben. Ich weiß nicht warum. Wenn ich sage, ich mach das so und eine andere Mutter macht es anders, müsste es doch für sie so richtig sein und sie kann mich doch so machen lassen wie ich will, warum diese komischen Bewertungen, ich bin naiv, nicht realistisch usw. warum fühltet ihr euch so angegriffen, schlechtes Gewissen fiel an einer Stelle, das müsst ihr aber für euch klar stellen. Ich würde es mir noch nicht einmal erlauben im Gespräch so viel hinein zu interpretieren, wie ihr es in den paar Threads bei mir gemacht habt.

Nirgendwo, gebe ich Anlaß, dass ich wüßte, wie man sich verhalten soll. Nur bei meinem Sohn ist es so, Druck erzeugt Gegendruck, je stärker er gegen etwas ist, desto stärker müsste ich ihn unter Druck setzten, also unterdrücken, ihn meinen Willen aufzwingen, dass er es trotzdem macht.

Zu dem Kindergarten, ein Regelkindergarten, die mit so einem Kind nichts zu tun haben wollen, kann ich verstehen, das er nicht hingehen möchte. Wie oft, habe ich mitbekommen, wie diese Frauen, alles Mütter, gesagt haben, jetzt wedelt er schon wieder so. Mein Sohn versteht alles was man sagt und er darf nur 2 - 4 Std. / Woche diesen Kindergarten bei voller Bezahlung besuchen.

Wenn er die gleiche Gegenwehr in der Schule bringen würde, müsste ich vor Ort die Gründe erst abklären, bevor ich weiß warum er nicht hin gehen will.

Es gibt für Autisten eine Vielzahl von Übergriffen, die von uns nicht so empfunden werden. Ich kann auch vieles nicht erklären, weiß aber, das in manchen Dingen mehr gewonnen wird, wenn man ohne großen Druck arbeitet. Es mag sein, dass auch ohne mein Zutun, mein Kind so weit wäre wie jetzt. Jeder Autist ist anders. Ich bereue aber nicht mein Entgegenkommen und bin froh, dass ich wegen meinem Sohn alte Erziehungsmuster überdacht habe und vieles wirklich als nicht mehr zeitgemäß und wichtig empfunden habe.


Meinen Beruf musste ich aufgeben, da ich zuerst meiner Karriere gefröhnt habe und später in Asprache mit meinem Mann mich lieber um die Kinder kümmere, meine alte Stellung war einfach zu zeitintensiv und anspruchsvoll, was hätten die Kinder, wenn ich dann 19 Uhr ausgebrannt nach Hause komme. Wenn es geht, werde ich vielleicht Teilzeit arbeiten gehen, muss mein Kind wirklich eine teure Privatschule besuchen, werde ich vollzeit arbeiten gehen. Ich werde mich einfach anpassen.

PS. ich heiße nicht Maria, dieser Name ist erfunden. Ich habe nicht grundlos meinen Nick gewählt. Es hat nichts mit Verdrängung zu tun, starke Kinder brauchen starke Eltern und ich mache mich für meine Kinder stark, gegen die Umwelt und gegen die breite Masse. Ich gehöre nicht zu den Müttern, die sich für ihre Kinder entschuldigen, sondern hinter ihnen stehen und versuche sie in ihrem Handeln zu bestärken, ich bin stark gegen unsere Nachbarn, stark gegen meiner Kinderärztin und stark gegen alle Menschen, die versuchen meine Kinder aufgrund ihrer Charakteren ausgrenzen. Wenn mich Menschen auf dem Spielplatz schräg anschauen und meinen Sohn anstarren, gehe ich hin. Ich schaue nicht weg und auch nicht betreten nach unten.
19.03.10, 18:44:30
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haggard
(Autistenbereich)

@NorbertMN:
selbstbehauptung und anpassung. man darf auch nicht vergessen, dass autisten als "abnorme" menschen klassifziert wurden und so behandelt werden. ferner besitzen autisten im allgemeinen eine andere wahrnehmung als andere menschen (in vielen bereichen wohl sensibler) und aus welchen gründen auch immer andere verbale kommunikationsverarbeitung und -anwendung. was autisten leisten müssen, um so zu erscheinen als ob sie nicht autistisch wären, betrachte ich persönlich als überaus enorm.
ich weiß nicht, inwiefern andere menschen noch ressourcen besitzen würden, wenn von ihnen verlangt würde, bei jeder gelegenheit mit dem oberkörper vor und zurück zu schaukeln, die hände zu drehen oder sonstwas - sich also "autistisch" verhalten müssten, während sie gleichzeitig noch alle anderen anforderungen erfüllen sollen (gute arbeiten leisten, nicht auffallen ;) ). wie lange würdest du oder andere das durchhalten? würde es dir oder anderen damit gut gehen? würdet ihr euch wohl fühlen? würde euch das in irgendeiner weise helfen?

es wird gesagt, autisten sollen sich in der öffentlichkeit "anständig" benehmen. wenn sie sich nicht so komisch verhalten, werden sie auch nicht von anderen geärgert. wo ist dort toleranz, oder selbstbehauptung für autisten versteckt?

selbstbewusstsein hat doch nichts damit zu tun zu erkennen und zu akzeptieren, dass mich andere menschen "der verrückte aus dem büro dort ganz hinten" nennen oder sich für mich einen vornamen ausgedacht haben. ich bezeichne mich hier als azrael, aber gewiss BIN ich kein azrael. ich bin empfindsam. empfindsam sind wahrscheinlich alle menschen, tiere, insekten, pflanzen etc. ich weiß, was mir gut tut und ich weiß, was mir nicht gut tut. damit hat irgendeine buchstabenkombination doch nichts zu tun.

wenn ich probleme habe, mich auf einen punkt blicklich fixieren zu können, was bei bewegten dingen der fall ist, "wandern" meine augen auch hin und her. nicht, weil ich mal hier und mal dort etwas betrachten wollen würde, sondern weil ich lediglich wahrnehme: bewegung dort, dort, dort, dort, dort, dort, dort.... das ist für mich belastend und deswegen vermeide ich es nach möglichkeit, meinen blick einer derartigen ansammlung von bewegungen auszusetzen.
stelle ich mir vor, dieses wäre auch bei unbewegten dingen gegeben, besäße ich keine orientierung.
trotzdem besäße ich wahrscheinlich empfindungen (alleine durch natürliche gegebenheiten).
ich weiß nicht, inwieweit es mir möglich wäre, bei ständiger überflutung von allen möglichen reizen (besonders wohl optisch), mich selbst abzugrenzen. vielleicht wäre eine eintönige umgebung gut mit nur ganz wenigen reizpunkten die weit auseinander liegen, damit sich eine orientierung entwickeln kann.

anderenorts hast du jedoch geschrieben, dass dein sohn reiten gelernt hat. wie ist das möglich, wenn er rein gar nichts differenzieren könnte?

was ist ein "sachlicher ton"? "guten abend meine damen und herren, ich begrüße sie zu unserer sondersendung..." das ist für mich sachlicher "ton".
sicherlich ist toleranz keine einbahnstraße. doch sobald NA ein klein wenig an ihrem gehäuse gekratzt wird, sagen sie nein, das geht nicht. immer muss ich soooooo viel ... dass von autisten soooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo viel erwartet wird an umsetzung scheint "normal" zu sein und scheint auch keineswegs in frage gestellt werden zu dürfen. und wenn man von den ganzen "o"s eines verändern möchte, was nicht wirklich ein problem wäre, weil das "so" dadurch trotzdem immer noch möglich wäre, folgt oft eine abwehrhaltung, die ihresgleichen sucht. was ist so schlimm daran?
wesentlich schlimmer finde ich, von einem autisten zu erwarten, dass er "auch mal" mit belastenden situationen umgehen zu lernen hätte (beispielsweise wird die allgemeine lautstärke weder dezimiert, noch anderweitige abhilfe für einen lärmempfindlichen autisten geschaffen, der dadurch eventuell oft aggressiv oder apathisch reagiert). wenn das so ist, würde ich von sämtlichen menschen verlangen, die keine autisten sind, dass sie 24 stunden täglich arbeiten und urlaub gänzlich abgeschafft wird. dann würde mich interessieren, wann bei euch der zeitpunkt eintreten würde, an dem eure leistungsfähigkeit nachlässt und wann ihr zusammenbrecht. wenn das eingetreten ist, werde ich kein verständnis aufbringen, sondern maßnahmen entwickeln, wie ihr "auf trab" gehalten werdet, weil es geht ja nicht, dass ihr einfach so schlapp macht. denn ihr müsstet schließlich "auch mal" mit belastenden situationen fertig werden und euer schönes zuhause ist mitnichten ein erholungsort.
würde es von einem blinden erwartet werden, ohne hilfen, dass er ein bild farblich in begrenzten bereichen mit vorgegebenen farben bemalt?

es gab mal eine sendung, in der wurde ein dunkelrestaurant vorgestellt. in ihm sollten sich die gäste so fühlen wie blinde quasi um das essen besser genießen zu können/ihre sinne mehr darauf zu lenken. die leute betrachteten das wohl als gag, aber immer solch ein restaurant zu besuchen, wären sie dann doch nicht bereit, weil sie sehen wollen, was sie essen.
von autisten aber werden oft im prinzip dinge erwartet und versucht durchzusetzen, die sie über die maßen strapazieren (das können auch ganz banale dinge sein wie überall elektrogeräte im stand by, schnurlose telefone...).
20.03.10, 00:03:50
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NorbertMN
(Standard)

Hallo Azrael,

wie kann mein Sohn reiten, wenn er "rein gar nichts differenzieren" kann? Nun, es stimmt nicht, dass er gar nichts differenzieren könnte. Er nimmt die Gegenstände seiner Umwelt sogar sehr differenziert wahr - er weiß genau, wo der Kühlschrank ist und was man darin findet. Aber er hat wohl kein Bewusstsein seiner selbst. Das heißt zum Beispiel für das Reiten, dass er das Pferd nicht steuert. Es geht immer am Zügel. Aber er kann perfekt drauf sitzen.

Anpassung: Davon dass ich von Autisten Anpassung "verlangen" würde, kann keine Rede sein; es ist auch ein unpassender Vorhalt an den Vater von Lorenz. In der Familie sind natürlich meine Frau und ich große Anpasser. Unser Leben verliefe sicher ganz anders, wenn Lorenz nicht so schwer behindert wäre. Die ärgsten Anforderungen zur Anpassung kommen von woanders her: vom Straßenverkehr, der freien Natur, der Schule, dem Design der Möbel, dem Verhalten der anderen Menschen usw. Natürlich kann man alle diese Bedingungen beeinflussen und verändern. Aber selbst eine starke Gruppe kann das nur in einem gewissen Maße. Deshalb wird Anpassung immer nötig sein.

Ton: Mein Unmut rührt daher, dass ich nicht der Pressesprecher einer ominösen Vereinigung der Nichtautisten bin und auch nicht als solcher behandelt werden möchte. Internetforen leben ja davon, dass man dort als Individuum auftritt.

@55555: Du fragst, warum ich so betone, dass Menschen verschiedene Interessen haben. Das ist meine Antwort auf die von dir erwähnten Win-win-Situationen. Es ist schön, wenn es sie gibt, aber sie sind natürlich längst nicht immer herstellbar. Ich nehme als Grundmuster, dass Menschen ihre Interessen gegeneinander abgleichen und ins Gleichgewicht bringen. Dann fragst du, warum ich überhaupt nicht auf den Faktor der Lebensbedingungen eingegangen bin. Im Umgang mit meinem Sohn gehe ich natürlich ständig auf diesen Faktor ein, indem ich die Lebensbedingungen möglichst auf ihn abstelle. Aber das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Bedingungen. Die Anforderung sich anzupassen bleibt selbstverständlich bestehen. Das ist eigentlich komplett trivial, oder? Warum diskutieren wir darüber überhaupt?
20.03.10, 08:13:16
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starke Dame
(Angehörigenbereich)

Azrael, ich finde Deine Berichte immer toll, Du schreibst es so, dass ich es verstehen und mir vorstellen kann.

Für mich ist es immer eine Hilfe das in dem einen oder anderen auf mein Kind zu beziehen.


Vielleicht liest das ja auch der eine oder andere Forenbürger von Rehakids und kommt doch vielleicht mal ins Grübeln. Ich würde mich auf jeden Fall darüber freuen.

Was in einem Kind vorgeht, ist immer schwer nachvollziehbar, ob gesund oder nicht.

Im entfernten Bekanntenkreis, lebt eine alleinerziehende Mutter mit 2 Kindern, eines davon Autist. Er ist 16, benutzt noch Windeln und schaukelt den ganzen Tag, beißt sich so sehr in Arme und Hände, dass alle Zähne locker sind und hält mitlerweile ständig die Luft an, bis er ohnmächtig wird. Sie sind wohl zum Arzt gegangen, jetzt bekommt das Kind dagen Medikamente, es stimmt, es ist leichter, der Arzt sagt, dem Kind kann man nicht helfen, er versteht ja nicht was er macht.

Mmmh, sagt man, hol schon einmal Deine Jacke, steht er auf und holt seine Jacke. Will man etwas anderes haben, bringt er es auch. Ist sein Zustand vielleicht über die Jahre hin, ständig isoliert alleine in seinem Kinderzimmer, provoziert worden? Er spielt mit Babyspielzeug, dass blinkt und Musik erzeugt. Er kann aber alles bringen, was man möchte, versteht er nichts? Warum hält er die Luft an, vielleicht weil er denkt, keiner nimmt mich wahr, lebe ich, fühle ich, bin ich ein Mensch?

Nachts schläft er in einem Käfig, ein großes Gitterbett, dass auch über seinem Kopf Gitter hat. Nachts macht er noch einmal seine Windeln voll, statt zu Wickeln wartet die Mutter bis morgens, bis dahin hat er sich die Windel ausgezogen, mit Kot beschmiert, das Bett beschmiert, und seine Ausscheidungsprodukte bis zur Decke gespritzt.

Wieviele Signale muss eine Mutter kriegen, wenn man vorsichtig was anbringen würde, bricht sie die Kontakte zur Familie ab. Sie tut doch alles, hat sogar für ihn einen Hund angeschafft und macht regelmäßig eine Therapie mit Eseln - keine Ahnung was das sein soll, sie kann sich ja keine Delphintherapie leisten.

Es ist einfach unlogisch, mir kann keiner klar machen, dass dieser Junge nichts versteht? Er ist leider gefangen bei seiner Mutter und so lange es das Pflegegeld für ihn gibt, wird auch so weiter gemacht, ich hoffe, er muss mit 18 in ein Heim, die sind zwar auch nicht gerade gut für ihn - aber vielleicht gibt es dann irgendwann in seinem Leben einen Mensch, der ihn ihm den Menschen sucht und findet.
20.03.10, 08:22:12
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feder
(Autistenbereich)

Allgemeine Verständnisfrage: Wie ist es möglich, dass dein Sohn perfekt auf dem Pferd sitzen kann, wenn er kein Bewusstsein seiner selbst hat? Für eine Person ohne Bewusstsein ihrer selbst wäre es schon so gut wie unmöglich, das Gleichgewicht zu halten?
20.03.10, 11:09:51
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haggard
(Autistenbereich)

geändert von: haggard - 20.03.10, 12:22:55

@NorbertMN:
wie kann dann der psychiater behaupten, dein sohn würde nicht differenzieren? wenn er über sich selbst kein bewusstsein hätte, wie ist es möglich, dass er den kühlschrank findet? ist er so wie ein "primitives" tier, das von aller welt ein ich-bewusstsein abgesprochen wird? mein hund kann sich offenkundig schämen, aber wenn er in einen spiegel schaut und wahrscheinlich sehen kann, dass auf seinem rücken etwas liegt, versucht er das ding nicht von seinem rücken zu entfernen. aber er weiß offenkundig, dass die person im spiegel (ich) ich in real an einem anderen platz irgendwo gegenüber im raum bin und mich hinter meinem hund befinde. wenn er im spiegel etwas sieht, das ich in der hand halte, welches ihn interessiert, dreht er sich zu mir um. also ist davon auszugehen, dass er auch weiß, dass der hund im spiegel er ist.
wenn jedoch die kopie im spiegel uninteressant ist - was soll man großartig darauf reagieren?

warum besucht er eine schule? wenn er kein ich-bewusstsein besäße, wären all das dinge, die überhaupt nicht miteinander in einklang zu bringen sind.

was bedeuten seine handlungen für dich? wenn man davon ausgeht, dass nur ein "ich" fähig wäre, bedürfnisse, wünsche, abneigungen etc. zu entwickeln?

wenn er beim reiten kein bewusstsein besäße, könnte er sich auf dem pferd nicht halten, wenn alles, was ihn dort sitzen ließe, lediglich ein symptom seines gleichgewichtorgans wäre.

ich finde es lustig, dass du dieses forum hier als aggressiv empfindest und bei dir sehr gut zu beobachten ist, wie es wohl dazu kommt.
ich habe nirgends geschrieben, dass du höchstpersönlich verlangen würdest, dass autisten sich anzupassen haben (auch wenn du solches schreibst). demnach besteht diesbezüglich auch nirgends ein "unpassender vorhalt". aber hochinteressant ist für mich zu lesen, wie seltsam einfache texte verstanden werden. da wundert es mich überhaupt nicht mehr, dass andere der meinung sind, hier oder durch einige user sei es unfreundlich.
ich hoffe jedoch, dass du verstehen kannst, dass reaktionen wie die deinen auf äußerungen, die nach art deiner schlussfolgerung nicht getätigt wurden, äußerst seltsam anmuten und die frage aufwerfen, was davon zu halten sei.

anpassung ist im grunde ein nichtssagender begriff, wenn dazu keine hintergründe erfolgen, wie konkret sich diesbezüglich anpassung vorgestellt wird.

im gewissen maße bin ich auch angepasst. sonst würde ich hier nicht schreiben. dennoch bin ich bestrebt, meine bedürfnisse zu schützen. wenn es mir in einem gespräch plötzlich zu laut wird oder für mich erkennbar ist, dass sich eine reizüberflutung ausbildet, nehme ich mir das recht, meine ohren zuhalten zu dürfen - egal ob sich irgendwer durch diese "geste" beledigt fühlt. wenn sich andere menschen an meinem verhalten in derartiger weise stoßen und keinerlei verständnis aufbringen können (trotz erklärung oftmals), "ist denen nicht mehr zu helfen". das nenne ich intolerant. und wenn von mir verlangt würde, mich nicht "so anzustellen" in dieser situation und die hände unten lassen sollte, finde ich persönlich diese art von anpassung verlangt von anderen menschen, die mich offensichtlich noch nicht einmal verstehen wollen, als anmaßung. vergleichbar wäre ein solcher beginn bei anderen menschen wohl damit, dass ihnen jemand von beiden seiten mit diesen gigantisch lauten tröten aus fußballstadien in die ohren dröhnen würden. viele menschen würden wohl ausrasten, wenn das mit ihnen gemacht wird. das würden sogar sehr viele verstehen.
nur bei autisten kommt kein verständnis auf. sie sehen ja so oft so zufrieden aus...und dann verhalten sie sich auch noch so oft so "unpassend" oder "herausfordernd".

für sich nicht für andere verständlich äußern könnende autisten gilt das gleiche. auch ihre bedürfnisse sollten geschützt werden.

wo beginnt die menschliche würde und wo hört sie auf?

jedenfalls schreibe ich dieses im allgemeinen, weil einige begrifflichkeiten deinerseits bei mir zu derartigen gedanken führen.

wie möchtest du behandelt werden? kannst du dazu eine liste aufstellen?
interessant finde ich, dass du einen "sachlichen ton" gefordert hast und dieses nun mit einem gedankengebilde deinerseits erklärst. ich kann mir nicht vorstellen, dass dich irgendwer als pressesprecher einer ominösen vereinigung der nichtautisten betrachtet. wie werden solche menschen behandelt, wenn du schreibst, dass du "so" nicht behandelt werden möchtest? irgendwie ist mir das "zu hoch".

ich nehme dich als "NorbertMN" wahr, der ansichten vertritt oder dinge äußert, die ich persönlich interessant finde zu erörtern.

auch wenn es nicht explizit an mich gerichtet war (das wäre eigentlich das schöne an diskussionen):
viele dinge sind für autisten nicht trivial, was von anderen verlangte anpassung ihrerseits betrifft. und aus diesem grund wird darüber diskutiert.

desweiteren bieten konkrete lebensbedingungen ansatzpunkte in bezug zu autistischen menschen, deren verhalten verstehen zu können und rückschlüsse bilden zu können, welche bedürfnisse sie besitzen, wenn man denn gewillt dazu ist. wenn man die bedürfnisse einzelner individuen nicht kennt, ist es schwierig, aus meiner sicht, irgendetwas hinsichtlich anpassung zu fordern und dieses als trivial zu bezeichnen.

durch deine äußerungen habe ich den eindruck erhalten, dass du deinen eigenen sohn nicht verstehst und auch nicht gewillt wärst, dieses zu versuchen. anderenorts schriebst du, dass du es als respektlosigkeit deinem sohn gegenüber empfinden würdest, "hinter" sein verhalten zu blicken. aber genau das ist notwendig. wie willst du ihn denn sonst verstehen können?

wenn du meinst, dass dein sohn nun schon so alt ist und du nicht mehr darüber nachzudenken bräuchtest, ist das dein standpunkt. ist akzeptiert, aber furchtbar traurig für deinen sohn, wie ich persönlich finde. zumindest werde ich traurig, wenn ich derartiges lese.

ebenso wenn ich solches lese, was starke Dame über den anderen jungen mann schreibt. es hätte mir auch so leicht passieren können, dass mir so etwas widerfahren worden wäre oder vielleicht in weiter zukunft, wenn ich alt bin und mich eventuell wieder kein mensch "versteht".

dort, wo ich arbeitete lagen menschen in betten, die nach personal riefen so laut sie konnten, was nicht sehr laut war. nach einer weile riefen sie, dass sie zur toilette müssen, was immer mehr zu einem murmeln wurde. irgendwann riefen sie um hilfe. das wurde dann gehört und geantwortet: hier passiert ihnen doch nichts. seien sie still, hier sind noch andere menschen. wurden diese leute darauf von extern hingewiesen, dass diese um hilfe rufenden menschen zur toilette wollten, empfanden es diese menschen wohl als anmaßung, dass ihnen wer anderes sich getraut deren arbeit vorzuschreiben. manche meinten dann, sollen die leute doch ins bett pinkeln, wird eh gewechselt, andere meckerten oder meinten, die anderen sollen noch ein wenig aushalten, dann könnten sie später zur toilette. oder sie sahen nach und die leute trugen eine windel, damit war die sache erledigt, obwohl die rufenden menschen ihr bedürfnis geäußert hatten gemäß ihrer menschenwürde eine toilette zu benutzen.
dabei ging es nicht darum, den anderen ihre arbeit vorzuschreiben oder ihnen mangelnde fürsorge zu unterstellen, sondern darum, sich für die bedürfnisse der "unerhörten" einzusetzen.

letzteres scheint sehr oft ein problem zu sein zwischen autisten und nicht autisten, wenn es um deren kinder geht - sei es, ob jemand über sich selbst berichtet und die äußerungen dabei durch einzelpersonen durch sie selbst auf sich selbst projiziert werden mit entsprechenden reaktionen nach außen - oder eltern etwas beschreiben, wo bei autisten eventuell sämtliche "alarmglocken schrillen" oder sie aspekte erkennen auf die sie eingehen oder bei dingen nachhaken, die für sie in solchen zusammenhängen von interesse sind für ein weiteres verständnis.
einige nicht autistischen menschen geben an, dass die kommunikation mit autisten anstrengend ist bei dem wissen, dass direkt geschrieben wird, nichts irgendwie so formuliert wird, dass anzunehmen wäre, irgendwas anderes würde damit ausgedrückt werden wollen. warum das so schwierig ist, verstehe ich nicht. äußerungen von nicht autisten lese ich so direkt wie ich schreibe, es sei denn, ich habe bei einigen formulierungen bereits auswendig gelernt, was sie eigentlich bedeuten sollen, auch wenn das so gar nicht hingeschrieben wurde. es scheint jedoch für nicht autistische menschen "einfacher" zu sein, im denken "umzuschalten" und äußerungen von autisten direkt zu lesen so wie sie dastehen und nichts anderes hineinzuinterpretieren.
wenn weder autisten noch nicht autistische menschen bemüht wären die jeweils wahrscheinlich doch erheblich unterschiedliche sprache zu verstehen - wäre kommunikation miteinander ein sinnloses unterfangen, obwohl an sich die gleiche sprachgrundlage besteht.
wenn ich einen englischsprachigen menschen treffe, wird die kommunikation auch besser sein, falls einer von beiden die fähigkeit besitzt deutsch bzw. englisch zu verstehen und zu äußern, sich auf den anderen einzulassen. als "mehrleistung" empfinde ich solches nicht. wenn ich herausfinde, derjenige versteht kein deutsch und ich kann mich halbwegs in englisch verständlich machen - ist das ein angebot. je nach dem wie geübt man darin ist, wird einiges an konzentration aufzubringen sein - doch wer will wissen, ob das zuhören bei einem fremdartig klingenden dialekt und anders verwendete begriffe nicht vielleicht auch anstrengend sein kann? dafür gäbe es in deutschbasierten sprachen genügend beispiele aufgrund unterschiedlicher dialekte.
ist es vorstellbar oder verständlich, dass im allgemein verwedeten hochdeutsch zwischen autisten und nicht autistischen menschen ebensolche "dialekt"schwierigkeiten bestehen können, obwohl rein optisch kein unterschied festzustellen ist?

edit:
@feder:
ich war zu lange mit schreiben beschäftigt. den aspekt des reitens finde ich auch interessant.:)
20.03.10, 12:20:36
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