Ihre Schwester sagt kein Wort, hat aber mal wenig gesprochen. Sie ist extrem lärmempfindlich. Das beides weist für meinen Ferneindruck auf Autismus hin und zwar besonders auch bei der Schwester, die als geistig behindert gilt. Ist die Schwester reizempfindlich?
Eigentlich nicht. Aber sie, die übrigens die jüngere ist, hat fast von Kind an in einem Heim gelebt, in dem sie sich wohlfühlt, da sind wir uns ziemlich sicher. Sie hat mit Lautstärke kein Problem. Da ich mit ihr kaum zu tun habe und somit auch nicht helfen kann, wollte ich zu ihr gar nichts schreiben, aber dass Du sie auch evtl. autistisch siehst, gibt mir zu denken. Sie lächelt eigentlich immer, nuckelt am Daumen, rennt manchmal los in die Küche und holt sich Zwiebeln, um sie komplett und roh zu verspeisen, hat manchmal auch seltsame, und scheinbar unerklärliche Attacken, boxt den Mann meiner Tante in die Nieren (sie ist unglaublich stark), oder reißt auf einmal Bilder von der Wand. Das alles wirkt aber meistens unaggressiv, eher so, als ob es ihr Spaß macht.
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Was mir persönlich fremd erscheint ist das Nichteinhalten von Terminen und die scheinbar impulsgesteuerte Lernträgheit beim Thema Kuchen. Insgesamt weist das was du geschrieben hast schon darauf hin, daß sie eine schlechte Vorstellung davon haben könnte, was andere so denken und empfinden. Ich weiß nicht ganz was ich dazu meinen soll und halte nichts von schnellen Antworten ohne gründliche Analyse.
Ich auch nicht.
Termine hält sie eigentlich ein, nur wenn ihr spontan was einfällt, ändert sie eben manchmal ihre Meinung. Die Vorstellung, dass könnte für den Menschen, der den Termin mit ihr vereinbart hat, sorgenvoll enden, hat sie nicht.
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Wie reagiert sie selbst darauf, wenn jemand einen Termin mit ihr nicht einhält?
Das kann ich kaum sagen. Das macht eigentlich niemand

Was passieren kann, dass sie sich freut z.B. über ein langes Wochenend zu uns zu kommen, und das von unserer Seite abgesagt werden muß: dann ist sie enttäuscht und traurig.
Aber man kann sie eigentlich mit dem Versprechen, das bald nachzuholen, einigermaßen trösten.
In SELTENEN Fällen kriegt sie sich dann aber manchmal auch nur sehr schwer wieder ein, und heult und schreit viel.
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Hat sie mal zumindest den Plan gehabt berufstätig zu werden? Oder ist sie quasi zur Hausfrau erzogen worden?
Weder noch. Sie interessiert sich für nichts. Das ist jetzt etwas hart ausgedrückt, und auch nicht ganz richtig - aber alles, was ihr im Leben wichtig ist, ist uns zu besuchen, und zwar alle - wenn sie in Frankfurt z.B. bei meinem Vater ist, will sie praktisch beim ankommen schon zu ihrer Tante nach Walldorf, kaum dass sie da ist, zu unserer anderen Cousine, dann zu mir, dann wieder zu Paps - alle müssen abgeklappert werden

Außerdem alleine essen oder Kaffee trinken zu gehen, ab und an Klavier oder Gitarre zu spielen, spazieren und schwimmen (gaaaanz wichtig) zu gehen ... wenn wir ihr dieses Leben bieten könnten, wäre sie vollauf zufrieden. Sie kann wie gesagt weder 100% korrekt sprechen noch schreiben. Wie es mit dem Rechnen aussieht weiß ich nicht so genau, einfach Aufgaben gehen wohl - aber das achso autistische Kalenderrechnen geht super
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Hat sie irgendwann Psychodrogen ("Medikamente") verabreicht bekommen?
Ja, sie nimmt jeden Tag welche und das solange ich zurückdenken kann. Ich weiß nicht welche, könnte aber beim nächsten Mal auf die Packung schauen, bzw. fragen.
Wenn sie sie nicht nimmt, sind all ihre Verhaltensweisen noch extremer, sie ist noch unruhiger und (auto)aggressiver.
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Das erscheint mir schon sehr seltsam. Ich gehe nach der Schilderung davon aus, daß sie oft wie nicht selten Kinder "große Augen" hat und dann nachher nicht aufisst.
Ich auch

Das mit dem bezahlen lassen würde glaube ich nichts bringen. Sie hat keine Vorstellung von Geld und Geldeswert. Wenn jemand 20 Euro für eine Pizza verlangen würde, würde sie ihm das Geld sofort geben, wenn sie 200 Euro hat, auch das. Solang sie Geld hat, würde sie also auch ohne murren bezahlen.
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Manchmal möchte es eben der Mann meiner Tante machen, wenn es z.B. schnell gehen muß, und das regt sie dann total auf.
Sie könnte im Kopf schon geplant haben, daß sie es abräumt und es dann als Verunsicherung empfinden, wenn es jemand anders tut.
Davon gehe ich auch aus. Und da setzt wieder meine generelle Frage an: Soll man sich da von ihr "auf der Nase rumtanzen" lassen, und einfach gewähren, oder soll man, wenn man Gründe für sein Verhalten hat, ihr diese erklären, und das auch durchsetzen, egal ob sie es versteht, oder nicht?
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Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder sie versteht etwas wegen einer logisch unklaren oder zu verworrenen Formulierung nicht oder sie hat noch keine
ToM. Vielleicht könntet ihr gezielt sanft und mit Geduld ganz direkt zu vermitteln versuchen, daß andere Menschen nicht wissen was sie denkt oder fühlt? Vielleicht schafft ihr dabei eine besondere Atmosphäre, die die Situation vom Alltag abhebt? Das können Autisten lernen.
Wie könnte eine solche Atmosphäre aussehen?
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Ich glaube dieses Zitat trifft auf sie eher weniger zu, so wie ich bisher aufgrund der Schilderungen den Eindruck bekommen habe. Sie kann sich offenbar durchsetzen, sagt wenn ihr etwas nicht passt. Damit haben andere Autisten große Probleme und ich denke darauf bezieht sich diese Stelle. Ich verstehe es so, daß etwas Hospitalismus als autistische Eigenschaft gewertet wird, obwohl es eine Verhaltensweise ist, die auf große innere Not hinweist. Das wird jedoch nicht erkannt, weil "Fachpersonal" meint, "der ist eben so".
Achso. Ok, obwohl dieses Zitat von mir dann mißgedeutet wurde, bleibt die Frage bestehen.
Ja, sie sagt überdeutlich wenn ihr was nicht paßt, und ist da anderen Menschen gegenüber überhaupt nicht tolerant. Eine Vorstellung davon, mal zurückstecken zu müssen, damit andere das Leben etwas leichter haben, hat sie nicht.
Was nicht heißt, dass sie nicht gern eine Freude bereitet. Aber wenn sie etwas stört, dann muß das beseitigt werden, egal was das für andere bedeutet.