Teoman
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Hallo zusammen,
Ich erkenne mich in den Beschreibungen einiger Asperger wieder und weiß nicht genau, ob ich mir das einfach nur einbilde. Bei mir wurde zweimal paranoide Schizophrnie diagnostiziert, und manche sagen, daß sich diese beiden Diagnosen ausschließen. Ich nehme Medikamente (Neurolepitka) und habe bereits eine Psychoedukation hinter mir, in der das Thema "Asperger" nie zur Sprache kam, kein Wunder, sie war schließlich auf Rückfallprophylaxe in Hinblick auf die Psychose ausgerichtet.
Ich habe in einem anderen Forum folgenden Text geschrieben. Ich bin sehr dankbar für Antworten!
ch bin 29 Jahre alt und studiere. Ich gelte als intelligent und viel wissnend. Ich bin zweimal in meinem Leben an paranoider Schizophrenie erkrankt. Nicht, daß ich noch scharf auf eine weitere Störung bin, aber dennoch habe ich bestimmte Anhaltspunkte bei mir entdeckt, die möglicherweise auf eine autistische Störung hinweisen.
Ich habe das Netz nach bestimmten Fragebögen durchsucht, aber nichts gefunden, daher zunächst einmal die Anhaltspunkte, die ich bei mir im Laufe der letzten Jahre gesammelt habe.
1. Desinteresse an der Umwelt
Mein bester Freund nannte mich immer "Mister-Small-Talk", da ich in der Lage war, relativ schnell kurzweilige Gespräche anzuzetteln. Dennoch habe ich das Gefühl, daß ich damit lediglich mein prinizpielles Desinteresse an den Menschen überbrücke. Ich mag es nicht, ständig Leute zu grüßen und "wie gehts" zu fragen oder darauf zu antworten, am liebsten würde ich so an den Leuten vorbeigehen. Im gewissen Sinne empfinde ich Unterhaltungen als eine Last, und "Small Talk" als ein Mittel, diesen Kontakt schnell hinter mich zu bringen.
Beängstigend war dieses Desinteresse beim Tod meines Vaters. Ich stand an seinem Sterbebett und habe es "hingenommen". Ich habe nicht geweint oder war geschockt. Ich nahm es hin, so wie man den Tod eines Menschen im Fernsehen hinnimmt. Zunächst dachte ich, daß es an den Neuroleptika liegt (Medikamente, die man zur Psychose-Prophylaxe nimmt), denn diese halten die Emotionen doch sehr im Zaum, aber als ich mal in meine Vergangenheit zurückblickte, fiel mir auf, daß ich mich auch schon früher so gefühlt habe. Eine ähnliche Situation gab es, als ein Bekannter starb. Ich hatte das Gefühl, die Trauer nur zu spielen. Dabei lag mir wirklich sehr viel sowohl an meinem Vater als auch an diesem Bekannten. Ich bin nicht gefühlskalt. Als Kind habe ich oft andere Kinder getröstet und war sehr empfindsam.
2. Mißverständnisse
Es passiert mir sehr oft, daß ich Witze nicht verstehe oder bestimmte Situationen nicht durchblicke. Es ist in etwa so wie eine "lange Leitung" zu haben. Früher, vor allem als Kind, war das extrem, ich befand mich oft in Situationen, in denen ich absolut nicht wusste, was mein Gegenüber will und wie ich mich verhalten soll. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, auf solche Situationen vorbereitet zu sein, und überbrücke mein Nichtverständnis mit Lächeln, Lachen oder Worthülsen, von denen ich sicher bin, daß ich mein Gegenüber damit nicht beleidige. Ich sage dann irgendwas, das immer passt, und der Andere hat nicht das Gefühl, daß ich nichts vertsanden habe. Allerdings habe ich inzwischen auch Routine darin entwickelt, das Verhalten bzw. Gesagte anderer schneller zu schnallen oder auch einfach mal nachzufragen.
Einen Empathiemangel kann ich bei mir nicht unbedingt feststellen. Eigentlich kann ich mich sehr gut in die Gefühlslage anderer hineinversetzen bzw. kann nonverbale Signale oder Worte schon so schnallen, daß ich andere trösten kann oder Hilfestellung geben kann. Ich arbeite nebenberuflich in einer lehrenden Tätigkeit. Da ich kein objektives Kriterium habe, ein "terium comparationis", kann ich nicht sagen, ob ich äußere Reize lediglich "übersetze" oder auf Anhieb verstehe. So war ich schließlich immer, so wie ich jetzt bin.
3. Stereotype Tätigkeiten
Seit ich zehn Jahre alt bin spiele ich Schach. Im Schach wird die Spielsträke eines Schachspielers mit einer sogenannten ELO-Zahl bestimmt. Noch bevor ich richtig spielen konnte kannte ich bereits die Elozahlen von ca. 300 Spielern und habe für mich, als kleines Spiel, "Wettkkämpfe" notiert, etwa zwischen Ländern. Ich liebe es auch noch heute, Mannschaftsaufstellungen aufzuschreiben, etwa, wenn ich mich in einer Vorlesung langweile. Ich liebe Tabellen und Rangfolgen, und kenne vor allem im Bereich des Schachs mittlerweile die Spielstärke/Elo-Zahl von hunderten von Spielern: Nicht die exakten Zahlen, aber die unfegähre Spielstärek (bin kein Gedächtnisgenie). Auch im Fussball starre ich oft lange auf Tabellen. Rangfolgen aufschreiben oder "virtuelle Mannschaftskämpfe" aufzuschreiben, eine an sich sinnlose Tätigkeit, je häufiger man das macht, macht mir Spaß.
4. Sinn für Zahlen/Wochentage
Zahlen, Wochentage, Monate, Jahre und Jahrhunderte haben in meinem Gedächtnis eine besondere "Schattierung"/Farbe"/"Wärme"/"Kälte":
Ich sehe alle Zahlen als einen Strang (was relativ normal ist), aber jede Zahl hat eine bestimmte "Farbe" bzw, ist dunkel oder hell oder warm oder kalt. 1,2,4,7,8 sind relativ "kalt"/"bläulich", 3,5,6,9 sind warm (Ein Hauch von orange). Von 20 bis 29 sind die Fraben dunkel und kalt, von 30 bis 39 wieder hell und warm...von 100 bis 999 sind sie durchgehend hell und überwiegend warm, zwischen 1000 und 999.999.999 sind sie durchgehend dunkel bzw, kalt. Ab einer Milliarde sind die wieder warm und hell.
Für Wochentage gilt das gleiche: Montag und Donnerstag sind hell und kalt, Dienstag, Freitag und Sonntag waerm und hell (gelblich/orange), Mittwoch und Samstag dunkel und warm).
Dasselbe für Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte: Ich sehe diese Zahlen vor mir, und bestimmte Epochen/Abschnitte sehe ich ähnlich wie oben beschrieben. Das gleiche für Studiengänge, Regionen/Stadtviertel/Städte/Fussballvereine und -ligen/Namen von Personen/das Alphabet/Landkarten......Bei Jahrhunderten zum Beispiel: 1500 bis 1599 hellgelb und warm, 1600 bis 1699 rötlich-warm, 1701-1799 gelb/beige und warm, 1801 bis 1899 kalt/dunkel (selbe Farbe wie "Mittwoch"), ab 1900 bis 1919 so wie 1500-1599, 1920 bis 1929 dunkel/kalt, 1930 bis 1939 warm beige/hell, 1940 bis 1949 kalt/dunkel, 1950 bis 1959 kalt/hell usw......
5. Ruhe
ich mag es auf der einen Seite, meine Ruhe zu haben, auf dedr anderen Seite habe ioch Angst vor Einsamkeit. Früher war ich ein Außenseiter und binj ab dem 16. Lebensjahr sehr viel nachts rausgewesen, aber dennoch ist Einsamkeit schon ein besonderer Modus.
Dabei bin ich ein umgänglicher, kommunikativer und "normaler" Mensch. Wie gesagt, es geht um mein Gefühlsleben, das ich nicht mit dem Gefühlsleben anderer vergleichen kann. Ich kann darüber mit niemandem richtig sprechen, das mit den Zahlen zum Beispiel kann niemand nachvollziehen, also rede ich auch nicht drüber.
Wenn ich durch die Straßen gehe, fühle ich mich immer beobachtet, ich habe das Gefhl, das etwas nicht an mir stimmt, aber mittlerweile "spiele" ich den normalen Menschen. Es gibt nichts besonderes an mir, ich bin ein Fußgänger wie jeder andere auch. Das sage ich mir zwar, aber dennoch ist das Gefühl, "anders" zu sein, allgegenwärtig.
Mein Kopf rattert ständig. Ich "wache" oft nach drei Minuten auf und merke, daß ich assoziativ gerade an die halbe Welt gedacht habe. Ich sehe eine Wolke und lande schnell bei Erinnerungen an irgendetwas anderes. Ich habe große Schwierigkeiten deswegen, ein Buch zu lesen oder eine bestimmte Tätigkeit dauerhaft durchzuziehen, wenn sie anstrengend ist. Immer, wenn ich etwas mache, auch wenn ich mich mit Leuten unterhalte, schweife ich gedanklich ab. Ich interessiere mich für Diskussionen oder Spielfilme im Fernsehen. Ich kann vor der Glotze liegen und brauche nichts zu tun. Sehr entspannend.
4. Ich hasse Augenkontakt.
Drei Sekunden sind ok, aber dann reicht es. In Gesprächen schaue ich ständig in die Augen, dann wieder nach unten. Vielleicht einfach nur ein Mangel an Selbstbewusstsein? Keine Ahnung. Ich mag es nicht, ich brauche niemandem in Augen schauen, ich höre ja, was er sagt.
5. Selbstbewusstein und Ängste
Ich habe ein recht schwaches Selbstbewusstsein, aber niemand bemerkt das, da ich, vor allem unter Kollegen und Freunden, weiß, daß es keinen Grund gibt, ängstlich zu sein. Ich habe aber Jahre gebraucht, um das für mich klarzuhaben. Vom Gefühl her bin ich ständig, also auch heute noch, ängstlich und darauf bedacht, nichts Falsches zu tun. So habe ich mir im Laufe der Zeit ein gewisses "Gehabe" zugelegt. Ich benehme mich nicht wie ein "normaler" Mensch, sondern fühle mich eher wie ein Schauspieler, der einen normalen Menschen mimt. Dabei bin ich meistens ziemlich unzufrieden mit meiner "Performance". Ich bewundere andere Menschen, die einfach sind und sogar Sachen sagen, für die ich mich monatelang schämen würde (natürlich nur vor mir selbst.) Dabei mag ich meine Freunde, Kollegen und Bekannten sehr, aber ich habe Probleme, "ich" zu sein.
Mit Bitte um Rückmeldung, Teoman
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