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Autor Nachricht
Herr Meier
(Standard)

Hallo!

Dann stelle ich mich mal vor: Ich bin Ende 30, männlich und alleinstehend. Habe einen Handwerksberuf gelernt und bilde mich z.Zt. durch ein Studium für eine Tätigkeit im Ausbildungsbereich weiter. Ich halte das mal bewußt ein bisschen ungenau, weil ich hier nicht so viele genaue Daten reinbringen möchte. Deshalb auch der Name "Herr Meier". Soll übrigens nicht heißen, daß hier jemand "Sie" zu mir sagen soll, das mag ich gar nicht. Aber ich finde es immer stressig, wenn man Leute erstmal nach ihrem Geschlecht fragen muß oder im Profil suchen. Und unter meinem richtigen Vornamen möchte ich hier eher nicht auftreten. Denn ich möchte hier schon mal etwas mehr von mir erzählen, was die allwissende Suchmaschine und ihre Nutzer nichts angeht.
Jetzt aber zum Inhaltlichen: Vor ein paar Jahren bin ich in irgendeinem Forum auf jemanden gestoßen, der oder die das Asperger-"Syndrom" hatte. Davon hatte ich noch nie gehört und habe erstmal Wikipedia befragt, dann diversen Links durch Infoseiten und Foren gefolgt und am Ende hatte ich 3 Abende damit verbracht und wußte so ziemlich alles, was das Internet damals dazu hergegeben hat. Dieses plötzliche Interesse kam dadurch, weil ich mich irgendwie in Ansätzen wiedererkannt habe. Wenn auch mit Widersprüchen.
Ich habe auch schon so ziemlich alle Tests im Netz gemacht, vom Ergebnis her: Überall leichte bis starke autistische Tendenzen. Der Aspie-Test war interessant: 116 zu 89 Punkten und anhand der Aufschlüsselung konnte ich erkennen, daß ich wohl einer der Glücklichen bin, bei dem die autistischen Eigenschaften da liegen, wo sie kaum auffallen und auch produktiv nutzbar sind.
Ich möchte mich hier aber ausdrücklich nicht als irgendetwas definieren oder selbst diagnostizieren. Ich hoffe, Ihr könnt damit leben. Ich weiß nicht, ob ich einer von Euch bin, aber habe das Gefühl, daß hier Menschen sind, mit denen ich etwas gemeinsam habe. Deshalb bin ich hier.
Auch, weil mir "da draußen" zunehmend Gleichgesinnte fehlen, mit denen ich mich auch mal über andere Dinge unterhalten kann als reine Fachgespräche. Die meisten Menschen kommen mir irgendwie oberflächlich und uninteressiert vor. Von daher hat es mich auch nie gewundert, daß viele von ihnen keine Probleme mit der zunehmenden Reizüberflutung haben, die mich manchmal richtig fertig macht (wird schlimmer, als Kind und Jugendlicher habe ich es kaum gemerkt). Ich nehme einfach mehr wahr als viele andere und denke auch ständig über etwas nach. Auf diese Fähigkeit würde ich aber auch nicht verzichten wollen, ich bin dankbar, daß ich das kann. Daß dann dabei auch eine Menge Datenmüll mit reinkommt, habe ich bisher immer für normal und unvermeidbar gehalten. Meine Mutter hat übrigens das selbe Problem. Sie versteht die Welt auch immer weniger.
Was ich auch nicht kapiere: Wenn Leute etwas sagen und das nicht so meinen. Warum sagen die das dann? Mit inhaltsleeren Gesprächen kann ich auch nichts anfangen. Genau wie mit Leuten, die Hobbys, Interessen, Ansichten und Meinungen ständig wechseln. Die haben doch eigentlich gar keine Interessen und keine Meinung?!?
Was sonst noch? Blickkontakt geht bedingt. Am besten bei Menschen, die mir sehr nahe stehen oder in eingeübten Standardsituationen. Mit Mimik, Gestik usw. kann ich nichts anfangen, benutze ich auch nicht. Leute, die mit Händen und Füßen reden, machen mich auch nervös. Ich muß mich auf den Inhalt konzentrieren können.
Ich brauche eine gewisse Regelmäßigkeit und muß öfter mal alleine sein können. Bin aber auch kein extremer Einzelgänger. Nur von Leuten, die mir nichts geben, ziehe ich mich zurück. Das sind leider die meisten, so daß ich mit der Situation nicht ganz glücklich bin, aber eine bessere Lösung fällt mir nicht ein. Vielleicht bin ich auch hier, um mal ein paar "normale" Menschen kennenzulernen. Mal ehrlich: Ihr wirkt auf mich erschreckend normal. Jedenfalls finde ich Eure und meine Eigenarten wesentlich logischer und begründbarer als die meisten, die sonst da draußen so rumlaufen. Und ich muß mir immer alles begründen können, ich muß immer alles verstehen. Und Leute, die andere Wertvorstellungen vertreten als sie leben, die verstehe ich nicht. Kann auch mit Konkurrenzdenken und Streben nach Gewinn usw. nichts anfangen.

Was nicht ins autistische Bild paßt: Ich bin nie gemobbt oder ausgegrenzt worden und war ein unauffälliges Kind mit mittelmäßigen Leistungen in der Schule, auch im Mündlichen. Ich brauchte immer schon reichlich Zeit für mich, aber das wurde auch akzeptiert, vermutlich hat es keiner gemerkt und es hat mich auch keiner vermisst, wenn ich mich mal wieder abgesetzt hatte.
Und ich kann relativ normal mit anderen Menschen umgehen, ohne daß ich mich völlig verbiegen muß. Manchmal ist es anstrengend, meistens gehts aber. Nur ich habe oft das Gefühl, es gibt mir nichts. Umgekehrt wohl auch. Keiner hat was gegen mich, niemand geht mir aus dem Weg und die meisten hören gerne mal meine Meinung und können gut mit mir zusammenarbeiten. Aber Freundschaften entstehen dabei fast nie. Weiß auch nicht warum. Meine Absicht ist das nicht, aber ich habe wohl etwas an mir, was meine Mitmenschen auf Distanz hält. Auch die wenigen, die ich wirklich mag und die ich nicht anstrengend finde.

So, ich denke mal, daß das für den Anfang reichen sollte. Ich könnte noch wesentlich mehr schreiben, aber das kann sich auch im weiteren Verlauf noch ergeben. Erstmal abwarten, was da so zurückkommt.

Viele Grüße

Herr Meier
25.05.10, 08:28:39
Link
zoccoly
(Autistenbereich)

Hallo und willkommen im Forum freuen


Zitat von Herr Meier:

Ich bin nie gemobbt oder ausgegrenzt worden


Ich vermute mal, dass ist auch so ein Klischee, welches über A herrscht. Ich schätze mal, dass viele A deshalb gemobbt werden, da das Umfeld es zulässt und die Bedingungen dieses Verhalten begünstigen.
Bei mit traf es auch nicht zu und da ich so ein liebes, ruhiges Kind war, waren einige Eltern der Meinung, ich wäre die ideale Freundschaft für ihre Kinder, nur ich konnte mit den anderen Kindern und ihren Spielen nichts anfangen, obwohl ich es probierte. Wenn man es so will, habe ich mich selbst ausgegrenzt.

Zitat:
und war ein unauffälliges Kind mit mittelmäßigen Leistungen in der Schule, auch im Mündlichen.


Es ist nicht richtig, dass alle A mündlich gar nicht mitarbeiten. Da ich das Glück hatte eine sehr kleine Klasse zu besuchen und der Unterricht sehr ruhig verlief, beteiligte ich mich mündlich, wenn mich die Thematik interessierte.


Zitat:
Und ich kann relativ normal mit anderen Menschen umgehen, ohne daß ich mich völlig verbiegen muß. Manchmal ist es anstrengend, meistens gehts aber. Nur ich habe oft das Gefühl, es gibt mir nichts.


genau


stillgelegt
25.05.10, 09:32:47
Link
55555
(Fettnäpfchendetektor)

geändert von: 55555 - 25.05.10, 10:15:37

Ergänzend zur bisherigen Antwort:
Zitat von Herr Meier:
Deshalb bin ich hier.
Auch, weil mir "da draußen" zunehmend Gleichgesinnte fehlen, mit denen ich mich auch mal über andere Dinge unterhalten kann als reine Fachgespräche.

Ein guter Grund. freuen
Zitat:
daß ich wohl einer der Glücklichen bin, bei dem die autistischen Eigenschaften da liegen, wo sie kaum auffallen und auch produktiv nutzbar sind.

Mit scheint es eher so, als ob das nicht an Veranlagungen liegt, sondern an den Lebensumständen. Ungüstige Umstände (gerade auch NA-Eltern) können ein autistisches Kind wesentlich unfähiger erscheinen lassen. Durch andere Umstände wäre dies jedoch wohl änderbar.
Zitat:
Was ich auch nicht kapiere: Wenn Leute etwas sagen und das nicht so meinen. Warum sagen die das dann? Mit inhaltsleeren Gesprächen kann ich auch nichts anfangen. Genau wie mit Leuten, die Hobbys, Interessen, Ansichten und Meinungen ständig wechseln. Die haben doch eigentlich gar keine Interessen und keine Meinung?!?

Nach meiner Theorie haben NA oft eine große Angst nicht zu einem Menschenrudel zu gehören. Dies treibt sie viel mehr an, als irgendwelche Meinungen. Deswegen ist für sie der Anschein von Kommunikation vor allem ein Mittel um sich Rudelbindungen zu sichern, die dann ein Faktor erlebter Macht sind.
Zitat:
Ihr wirkt auf mich erschreckend normal.

Das hängt von Idealvorstellungen ab. Normen sind auch Vorstellungen wie etwas sein sollte und die können sich sehr unterscheiden.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
25.05.10, 10:15:17
Link
Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Mich erschreckt das vermeintlich Normale auch;)

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
25.05.10, 13:03:52
Link
Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

Zitat:
Ich könnte noch wesentlich mehr schreiben, aber das kann sich auch im weiteren Verlauf noch ergeben.

Kommt hier noch mehr?

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

-

[Aufgrund eines Kniggeverfahrens zu dauerhafter Sperrung nach Nutzerabstimmung verurteilt, gesperrt, auf Bewährung nach Nutzerentscheid wieder freigeschaltet und nach einem weiterem Regelverstoß nach Verständigung in einem Kniggeverfahren dauerhaft gesperrt, mfg [55555]]
03.07.10, 05:43:35
Link
Herr Meier
(Standard)

Es kommt auf jeden Fall noch mehr von mir. Ich habe ja schon in anderen Themen mal das eine oder andere geschrieben. Im Moment bin ich noch dabei, mich etwas intensiver einzulesen und Eure Reaktionen zu verarbeiten.
Was mir z.Zt. etwas schwer fällt: Ich hatte ja geschrieben, daß mir eine Diagnose nicht wichtig ist. Daran hat sich auch nicht viel geändert. Allerdings denke ich manchmal, ich könnte im Forum mehr schreiben. Da sind viele Themen dabei, die mich interessieren und wo ich (nach meiner Einschätzung) vielleicht ganz konstruktive Gedanken habe.
Was mich daran hindert: Daß ich eben nicht festlegen kann, für welche Seite ich schreibe. Und dann bringt das denen, die es lesen, natürlich nicht ganz soviel.

Es wurde ja z.B. gestern abend auch an anderer Stelle geschrieben, die Übergänge zwischen A und NA sind fließend. Vermutlich haben die meisten Menschen Eigenschaften von beiden Seiten in sich. Bei mir merke ich das recht deutlich. Ich habe wohl sogar von beiden Seiten ziemlich viel. Das macht die Sache nicht einfacher. Aber mal abwarten, wie es weitergeht.
03.07.10, 06:47:50
Link
drvaust
(stillgelegt)

Zitat von Herr Meier:
Was mich daran hindert: Daß ich eben nicht festlegen kann, für welche Seite ich schreibe.
Muß zwischen den Seiten exakt getrennt werden?
Natürlich, wenn Du dazwischen liegst, kannst Du schlecht schreiben 'Ich als X ... .'.
Aber Du kannst als spezielle Persönlichkeit schreiben.
Manchmal hilft eine Sicht, die auch andere Seiten kennt.

04.07.10, 05:30:44
Link
Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Herr Meier: Schreib doch einfach deine Seite:)

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
05.07.10, 01:09:54
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Herr Meier
(Standard)

Alles klar, mache ich dann. Wenn was unklar sein sollte (jedenfalls das, was mir klarer ist), einfach nachfragen!
05.07.10, 20:13:29
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