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Hallo
vielen Dank für deinen sehr ausfürhlichen und sachlichen Beitrag. Ich habe ihn hier der Vollständigkeit halber nochmals ganz zitiert, und werde in Passagen darauf antworten:
Zitat:
Leider werden hier viele Aussagen als Tatsachen verkauft, so z.B. Autismus ist nicht heilbar - basta.
Dies ist eine gängige Lehrmeinung, und ich persönlich glaube, dass nur der Schlussel zur Heilung noch nicht gefunden wurde.
Wie sollte denn etwas "geheilt" werden, das gar nicht krank ist?
wir diskutieren hier vielleicht über die Begriffsdefinition von "KRANK".
Ich will es mal etwas umständlicher ausdrücken:
mein Sohn ist in den Augen von NA "krank", weil er an einer zu lauten Lärmquelle tatsächlich leidet, er empfindet körperliches Leid, Unwohlsein, auch seelische Qual, weil er den Gegebenheiten des täglichen Lebens nicht gewachsen ist. Dies ist vielleicht keine "Krankheit" wie eine Grippe, aber es hat den gleichen Stellenwert einer Leid hervorrufenden Beeinträchtigung seines Zustandes.
Insofern möchte ich meinem Sohn eine seelische Befindlichkeit, die ihn subjektiv an seinem Umfeld kranken lässt, gerne erleichtern oder ihn von diesem Missempfinden befreien.
Zitat:
Der Junge, um den es in dem Artikel geht, war(!) vollständig autistisch, er wurde noch in Deutschland mit Pflegestufe eingestuft als Schwerbehindert mit 100% und Merkzeichen H,B,G, weil er auch alle paar Meter fiel aufgrund seiner massiven Wahrnehmungsstörung.
Das hat nicht unbedingt viel mit Autismus zu tun, sondern mit den Folgen ungünstiger Lebensbedingungen für Autisten im Einzelfall.
Der Junge lebte in sehr behütetem Umfeld, er besuchte eine Montessorischule in Deutschland, aber durch seine Gleichgewichtsstörungen musste er rund um die Uhr betreut werden.
Zitat:
Ich war mit meinem Sohn dort, habe völlig neue Denkansätze erfahren, die sich von der bisherigen Lehrmeinung total unterscheidet.
Könntest du die selbst etwas ausführen?
Ja, das kann ich.
Die Therapie zielt auf die Interessen des Autisten ab.
Es werden zunächst die STÄRKEN ermittelt, die Interessen werden gefördert. Die ELTERN werden im grossen Masse auf ihr Verhalten hin beobachtet, inwieweit sie auf ihr autistisches Kind reagieren und ob sie es in ausreichendem Masse an die Anforderungen der Umwelt heranführen.
Bei uns war es so, dass mir immer gesagt wurde, mein Sohn verträgt keine Musik, er brauche ruhige Umgebung, keine Umstellung seiner Gewohnheiten um ihn nicht zu überreizen.
Hier setzt die Elterntherapie völlig anders an:
Er verträgt keine Musik?-Gut, dann MACHT er welche! Justin wählte die Bongos, die er rhythmisch und relativ schnell erlernt hat.
Mit grossem Interesse hat er dann auch die Kombination verschiedener Instrumente zugelassen, "seine" Musik wurde aufgenommen und er konnte sich selbst beim spielen anhören.
Er hat Angst vor Pferden und war nicht in die Nähe eines Pferdes zu bekommen. Die kleinen Therapiehunde aber durften ihm durchaus nahekommen. Er hat begonnen, die verschiedenen Kommandos auszusprechen, damit der Hund zu ihm kommen wollte. Normalerweise verweigert er Worte, da er eine sehr undeutliche Aussprache hat, die eigentlich niemand verstehen kann. Durch den Erfolg, dass der Hund tatsächlich reagiert auf "hol den Ball" "komm her" begann er, sich auch mehr zuzutrauen, weil dem Hund gegenüber hat er keine Hemmungen.
ICH habe das meiste gelernt im Umgang mit meinem Sohn, nämlich zuerst, dass ich nicht mehr darauf achte, was die umstehenden Leute denken, wenn er mal wieder austillt.
Ich habe gelernt, dass ich mehr Aufmerksamkeit gemessen an Stunden an meinen Sohn aufwende. Bisher war es ein guter Tag, wenn es keine Ausfälle gab. Nun ist ein Ausfall (er kriegt einen Schreianfall oder wird wütend) etwas was zu seinem Wesen eben dazugehört, und wenn jemand schief guckt, dann sage ich "mein Sohn hat ein Problem mit dieser Situation, ihm fehlt die Erfahrung". Bisher haben alle Leute mit Verständnis reagiert.
Die Therapie zielt auf KONFRONTATION mit schwierigen Situationen ab, auf DEESKALATION, nicht auf "in Watte packen" oder "...widewidewitt - dann mach ich mir die Welt, widewidewie sie mir gefällt".
Die Therapie sieht vor, dass der Autist NORMAL leben kann, dass die ganze Familie weiss, wie sie in besonderen Situationen reagieren soll.
Insbesondere müssen auch Geschwister lernen damit umzugehen.
Sie müssen lernen, dass die Eltern ein autistisches Kind oftmals anders behandeln als ein na.
Die Familie soll fördern und fordern.
Auch Wasser war für Justin recht schwierig, weil er nicht wusste wie tief das Wasser war und panisch reagierte.
Als er die trainierten Hunde mit ins Wasser nehmen durfte, klappte auch das Schwimmen.
Zitat:
Es kommt immer auf den Einzelfall an, aber man kann spätestens wenn man Maurice gesehen hat nicht mehr behaupten, dass Autismus GENERELL nicht heilbar sei.
Doch kann man, wie du liest.
lach. ja, man KANN es behaupten, aber es wird durch ständiges wiederholen trotzdem nicht zur Tatsache.
Es geht wieder um Definition:
geheilt ist der, der nicht mehr beeinträchtigt ist, egal, ob die Symptome noch vorhanden sein mögen oder nicht. wenn er gelernt hat, sich im Einklang mit der Umwelt zu befinden, dann definiere ICH das als HEILUNG, auch, wenn der Autist sich selbst nicht als krank empfindet.
Mir ging es jedoch darum, aufzuzeigen, dass das letzte Wort bei Autismus noch lange nicht gesprochen ist.
Die Therapien sind vielfältig, und vieles davon ist Blödsinn.
Zitat:
Autismus kann durchaus durch Umwelteinflüsse (z.B. Strahlung) verursacht sein, da es mittlerweile Studien gibt, dass Autismus genetisch bedingt ist.
Die Denklinie dieser Aussage erschließt sich mir nicht ganz.
Zitat:
Dass jede "Behinderung seelischer Art" einen Krankheitswert hat, wird sicher niemand ernsthaft bestreiten wollen,
Doch, ich bestreite das sogar ganz entschieden, weil ein zeitgemäßes Behinderungsverständnis ausschließt, daß Behinderung nur eine Eigenschaft von Personen ist. Behinderung ist ein Vorgang, in welchem eine in bestimmter Weise geformte Gesellschaft bestimmte Minderheiten ausgrenzt.
Nun, das mag ja DEIN persönlicher Masstab sein, aber der Gesetzgeber hat da seine eigene Definition.
Behinderung ist dann gegeben, wenn jemand aufgrund seines Zustandes nicht in der Lage ist, langfristig am gesellschaftlichen Leben ohne Hilfe teilzuhaben.
Dass sog. Behinderte erst durch die Normierung durch die sog. gesunden und die nichtberücksichtigung besonderer Bedürfnisse erst die Behinderung herstellen, darin gehe ich vollkommen mit dir konform.
Aber wie wollen wir dies ändern? Es gibt ja viele Gesetze spez. im SGB9 ist das Recht auf Teilhabe verankert. Jedoch wenn mein Sohn einem Holzkopf von Chef gegenüberstehen wird, wird ER sich anpassen müssen, nicht sein Chef. Das ist die Realität.
Zitat:
Autismus kann durchaus durch Umwelteinflüsse (z.B. Strahlung) verursacht sein, da es mittlerweile Studien gibt, dass Autismus genetisch bedingt ist.
Die Denklinie dieser Aussage erschließt sich mir nicht ganz.
Ganz einfach: Autismus ist weder eine Laune der Natur, noch irgendein Fehlverhalten, das zu korrigieren ist. Es KANN bedingt durch genetische Disposition ausgelöst werden, KANN auch durch eine Fehlsteuerung bestimmter Hirnareale verursacht werden.
ABER: je nach Lebensalter ist das Gehirn in der Lage,immer neue Querverbindungen zu schaffen, bestimmte Areale durch andere Bereiche zu ersetzen oder zu vernetzen. So, wie ein Klavierspieler mehr Synapsen aufweist und auch im Auswendiglernen bessere Ergebnisse erzielt als nicht-klavierspielende, so kann durch neue Stimulation auch das Gehirn von Autisten "alltagstauglich" gemacht werden.
Überreaktionen abbauen, richtiges-angemessenes-Verhalten fördern.
Darum ging es bei dem Workshop so im groben.
Die 14 Tage waren als Familienurlaub gedacht, und sie haben uns wirklich viel gebracht. Gemessen an einem Hotelurlaub hat es nur wenig mehr gekostet, aber wir haben alle wertvolle Erkenntnisse mit nachhause genommen.
Die Therapiestunden waren einzeln, die Elternworkshops waren Gemeinschaftsevents, mit Ausnahme der Analysetage.
Wir haben zusammen wirklich viel Spass gehabt und gemerkt, dass Justin viel mehr "ertragen" kann als wir ihm zugetraut haben. Zuhause machen wir nun weiter, wir werden per Internet betreut und können auch immer mal rückfragen, wenn wir unsicher sind.
Wir haben uns einen Therapiehund für Justin ausgesucht, was vielleicht das wichtigste von allem ist, da er ein sehr tierlieber Junge ist und wir das bis dato gar nicht wussten.
Nächstesmal machen wir mit den Pferden weiter, denn mittlerweile traut er sich auch das zu.
LG
Mamacita