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Eine kleine Frage

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29.10.11, 22:43:05

Julenchen

Wie entstand die Falschheit?
29.10.11, 23:58:27

55555

Jemand fand etwas wichtiger als wahrhaftig zu sein?
30.10.11, 01:48:13

Fundevogel

Wäre auch ein IrrTum als UrSache möglich, der dann als "attraktiv/einträglich" entdeckt und weiterentwickelt wurde?
30.10.11, 02:12:06

PvdL

geändert von: PvdL - 30.10.11, 02:13:08

Der usanische Philosoph Harry G. Frankfurt zeigt in seinem Traktat "On Bullshit" sehr überzeugend, daß viel schlimmer als die Lüge noch der grobfahrlässige Umgang mit der Wahrheit ist. Wenn jemand lügt, verfolgt er damit ein Ziel und handelt entsprechend planvoll. Wenn jemand indes einfach drauf los labert, ob es nun stimmt oder nicht, dann ist Chaos angesagt.

Ein Sprachwissenschaftler namens Rudi Keller hat in seinem Buch Sprachwandel eine sehr interessante Theorie, wie die Lüge entstanden sein könnte. Sehr empfehlenswert dieses Buch.
30.10.11, 02:26:58

Vendela

Kommt drauf an, was man unter Falschheit versteht. Nicht die Wahrheit sagen, lügen, täuschen?

Es müssen nicht immer böse, moralisch "falsche" Absichten dahinter stehen, es kann auch gut gemeint sein. Und manche Menschen denken nicht (ausreichend) darüber nach, was sie sagen und tun. Oder eine Situation wird unterschiedlich wahrgenommen, dann ist Falschheit subjektiv.
30.10.11, 09:34:04

55555

@Fundevogel: Ist Handeln aus Irrtum schon Falschheit? Widerspricht die Vermutung der meinen?
01.11.11, 23:53:26

Vendela

Mir ist noch etwas dazu eingefallen. In der Evolution könnte Falschheit so entstanden sein, dass es sich gelohnt hat, "falsch" zu sein. Deshalb ist heute die Fähigkeit dazu weit verbreitet. Und weil sie schon mal da ist, wird sie vielleicht auch genutzt?
02.11.11, 01:43:49

Fundevogel

@55555: Ich wertete es, dass du davon ausgingst, dass es Wahrhaftigkeit gab, die dann für unwichtiger erklärt wurde.

Für NA gibt es diese klare Erkenntnis weniger oft, so dass Handlungen auch aus diffusen für sie nicht erkennbaren Gründen entstehen können (Mitläufertum "Die müssen es ja wissen"), diese Fehlhandlungen sich dann "unbemerkt" entwickeln und wenn sie sich dann eines Tages "entpuppen" auch als fataler Fehler wahrgenommen werden können. Wo wollte man da ansetzen mit der Falschheit: beim ersten Schritt? beim bewußten gezielten Verletzen der Wahrheit?

Nein und ja: Sie widerspricht nicht, wo die Entscheidung klar gewusst wird, sie widerspricht, wo der Irrtum im Nebel liegt?
02.11.11, 06:25:41

Aku

geändert von: [55555] - 02.11.11, 07:35:30

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Zitat von Vendela:
Mir ist noch etwas dazu eingefallen. In der Evolution könnte Falschheit so entstanden sein, dass es sich gelohnt hat, "falsch" zu sein. Deshalb ist heute die Fähigkeit dazu weit verbreitet. Und weil sie schon mal da ist, wird sie vielleicht auch genutzt?


Sofern man einigen Wissenschaftlern Glauben schenken kann, "hat es sich gelohnt, andere zu täuschen" ... das ist wohl etwas, was das Wechselspiel zwischen Tier und Beute in der Natur - über gegenseitiges Wettrüsten - vorangetrieben (in nicht unerheblichem Maße) zur Entwicklung leistungsfähigerer Gehirne beigetragen und (im Zuge besagten Wettrüstens) zur Entwicklung von "Gegenmaßnahmen" geführt hat.

Anders gesagt. Wilde Tiere untereinander, Haustieren etc. "lügen um sich Vorteile zu erschleichen" ... auch Babys lügen nach denkbar kurzer Zeit bereits (falsches Weinen oder gespielte Wutanfälle etc.), während der erwachsene Mensch hochwertige und ausgefeilte Werkzeuge entwickelt hat (wobei die gesamte Thematik, wohl oder übel, bedeutend komplexer ist als hier von mir dargestellt).

Zitat von PvdL:
Der usanische Philosoph Harry G. Frankfurt zeigt in seinem Traktat "On Bullshit" sehr überzeugend, daß viel schlimmer als die Lüge noch der grobfahrlässige Umgang mit der Wahrheit ist. Wenn jemand lügt, verfolgt er damit ein Ziel und handelt entsprechend planvoll. Wenn jemand indes einfach drauf los labert, ob es nun stimmt oder nicht, dann ist Chaos angesagt.

Ein Sprachwissenschaftler namens Rudi Keller hat in seinem Buch Sprachwandel eine sehr interessante Theorie, wie die Lüge entstanden sein könnte. Sehr empfehlenswert dieses Buch.


"grobfahrlässiger Umgang mit der Wahrheit" ... es gibt, zumindest aus meiner Sicht (und von Extremsituationen wie unter Folter, die so oder so kein sonderlich akkurates Instrument der Informationsgewinnung ist, einmal abgesehen), ausreichend oft die Option geboten, dem Gegenüber statt der klassischen "Notlüge" zu vermitteln, dass du ihm das nicht erzählen möchtest/was auch immer.

Es gibt das klassische Sprichwort: "Sofern man keine Ahnung hat, soll man die Klappe halten." in dieser und manch anderer Form. Tatsächlich kann man es als sinnvoll erachten, dies in die Tat umzusetzen und bewusst die "Grenzen des eigenen Wissens einzugestehen" (ist bzw. auch beim Umgang mit Autismus der Fall nehme ich an?) ... sofern mehr Menschen (mitunter nicht wenige Wissenschaftler) dies berherzigen würden, anstatt "einfach darauf los zu reden" (wie es typische Verhaltensweise zu sein scheint), würden der Welt wohl manche ... vermeidbare ... Probleme erspart bleiben.

Zitat von Vendela:
Kommt drauf an, was man unter Falschheit versteht. Nicht die Wahrheit sagen, lügen, täuschen?

Es müssen nicht immer böse, moralisch "falsche" Absichten dahinter stehen, es kann auch gut gemeint sein. Und manche Menschen denken nicht (ausreichend) darüber nach, was sie sagen und tun. Oder eine Situation wird unterschiedlich wahrgenommen, dann ist Falschheit subjektiv.


Zunächst einmal wäre es nicht verkehrt, zu definieren, was "Wahrheit" eigentlich ist bzw. ... was als solche definiert wird. Vor allem in Anbetracht dessen, dass das, was umgangssprachlich als "Wahrheit" deklariert wird, im Regelfall kaum "ds gesamte Bild", "alle Tatsachen" sondern zumeist nur das, was das betreffende Subjekt - subjektiv wie es nunmal ist (mitsamt der Probleme ... die mit der Wahrnehmung, deren Verarbeitung und individuellen Interpretation sowie weiteren Einflüssen einhergehen) wahrgenommen hat.

Ich könnte hier jetzt noch auf Dinge wie "Modelle" und darauf, wie man sich in der Wissenschaftlich Schritt für Schritt eine Theoreie durch die nächste austauscht und damit der überaus komplexen Wirklichkeit näher zu kommen und sie zu verstehen versucht, eingehen, lasse das aber aufgrund der frühen Stunde und führe das (und die weiter oben angesprochenen Themen) später weiter aus und ergänze es, sofern ich sie denn finde, durch seriöse Quellen. Hm ..

Sofern sich Fehler oder Irrtümer hier eingeschlichen haben, einfach darauf hinweisen.

02.11.11, 08:43:33

55555

Wahrhaftigkeit ist zwar ein Begriff, aber das was der Begriff beschreibt dürfte gewisserart in jedem Menschen vorhanden sein, da ja dieser Mensch der Bezugspunkt dieses Begriffs ist. Ich meinte ihn nicht als ideell gefärbten Begriff, sondern rein von der Wahrheit des Wesens einer Person her gedacht. Ein bewußtes Entscheiden dagegen setzte ich nicht voraus, für mich reicht es sich gegen das "Wahrhaftigkeitsgefühl", vielleicht fasst das auch jemand unter "Gewissen" mit zusammen, zu entscheiden.

Wie wäre es Falschheit nicht nur einseitig von Vorteilserschleichung anzusehen? Wir leben in einer Welt, in der langsam gebaut und schnell zerstört wird. Wenn nun ein unterdrückender Herrscher Menschen wegen ihrer Meinung tötet, dann werden wohl etliche Menschen lieber lügen und weiterleben? Auch so kann man den Ursprung der Falschheit herleiten - als Folge dieser Eigenschaft unserer Welt, daß schneller zerstört wird als errichtet.
 
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