05.04.10, 14:27:23
haggard
Zitat:
Personen mit bestimmten rechtsseitigen präfrontalen Hirnschäden können deshalb primäre Gefühle normal empfinden, während sie sekundäre Gefühle nicht auslösen. Wenn sie zum Beispiel gefragt wurden, ob sie heute Abend ins Kino gehen wollten, begannen sie rational darüber nachzudenken: "Wenn ich ins Kino gehe, dann kann ich nicht ins Restaurant gehen. Dafür muß ich aber auch nicht so feine Sachen anziehen. Andererseits dauert ein Kinobesuch so lange und man kann sich dabei nicht unterhalten. Aber im Restaurant kann ich den Film nicht sehen und außerdem kostet das mehr. Aber zum Kino muß ich mit dem Bus, und der fährt nicht so oft....". Diese Patienten versuchten also auf rein rationalem Weg zur Entscheidung zu kommen, und das gelang ihnen nicht.
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was bedeutet solches für autisten, denen emotionslosigkeit nachgesagt wird, oder die über sich selbst äußern, grundlegende gefühle (wut, freude etc.) zu empfinden, aber mit den abstufungen nichts anfangen könnten? besteht eine pseudo-rationalität?
05.04.10, 14:34:39
55555
Geht es um Personen mit erworbenem Hirn"schaden"? Wenn ja hatten die vielleicht auch einfach ein Problem sich umzugewöhnen? Was sollen "sekundäre Gefühle" sein?
05.04.10, 22:33:41
Fundevogel
Dann muss ich mich als NA wohl zu einem präfontalen Hirnschaden bekennen. Diese Überlegungen stelle ich bei jeder Entscheidung an und erweitere sie noch um die Komponenten:
Ist der Film nach meinem Geschmack, oder würde ich mich nach einem Essen körperlich besser fühlen,
würde ein Film mein seelisches Wohlbefinden eher speisen als eine leckere Vorsuppe,
im Restaurant kann ich Abstand zu meinem Sitznachbarn haben, im Kino muss ich ganz nah am Körpergeruch meiner Nachbarn verharren,
im Lokal muss ich schickere Schuhe anziehen und deshalb Fußpflaster mitnehmen, im Kino ist es dunkel und es sieht niemand, wenn ich die Schuhe ausziehe...
Ist das so zu verstehen, dass diese Güterabwägung "Was bedeutet mir am meisten, wofür ich auch die Nachteile in Kauf nehmen werde" nicht zu einem Abschluss kommt, weil alles als gleichwertig betrachtet wird?
Ich habe keine Probleme damit, nach diesen rationalen Erwägungen eine Entscheidung zu treffen:
Ich suche einen gepflegten Imbiss in der Nähe eines Kinos, dann reicht das Geld für beides. Erst esse ich was und gehe dann in die Spätvorstellung. Im Imbiss brauche ich nicht so schick zu sein und kann die Schuhe anziehen, die ich im Kino wieder ausziehen kann;))
Ist das bei Autisten komplizierter?
Forthebeautyoftheearth
05.04.10, 23:19:47
55555
Hier wäre vielleicht die Frage, ob es in den Bereich der Ratio fällt Gewichtungen vorzunehmen, aber nach dem was ich bisher erfahren habe gibt es ja eh keine emotionsarmen Autisten.
06.04.10, 00:40:04
drvaust
... autisten, denen emotionslosigkeit nachgesagt wird, oder die über sich selbst äußern, grundlegende gefühle (wut, freude etc.) zu empfinden, aber mit den abstufungen nichts anfangen könnten? ...
Das halte ich für einen Irrtum. Ich habe starke Gefühle, und auch schwache.
Aber einige Zeit hatte ich wenige Gefühle. Das lag aber nicht am Autismus, sondern ich hatte die belastenden Gefühle verdrängt, und damit auch die angenehmen. Damals war ich emotional halb tot. Das ist jedoch zum Glück vorbei.
Ich zeige in der Öffentlichkeit wenig Gefühle, weil ich keine Irritationen will.
Ich entscheide viel emotional, versuche das aber rational zu kontrollieren. Beides muß ausgewogen sein. Was nützt mir eine Freude, die ich lange bereue? Was nützt mir eine optimale Lösung, die keinen Spaß macht.
Bei so einer Entscheidung wie Kino oder Restaurant erwäge ich alle Aspekte, und wenn keine deutlichen Unterschiede herauskommen, entscheide ich nach Lust und Laune (und gehe dann lieber mit einem Roman ins Bett).