01.08.06, 14:07:07
Lisa M.
Wegen dieser Frage, was denn nun bei Autismus alles anders ist im Gehirn, hab ich nochmal rumgesucht. An vielen Stellen findet man die Aussage, das sei noch gar nicht bekannt. Mir kommt das putzig vor: Einerseits scheinen sie kaum zu wissen, welche neurologischen Funktionen denn da alle von der Norm abweichen (obwohl sich das ja wohl testen ließe!), auf der anderen Seite wird schon nach Genen gesucht...
Jedenfalls hab ich eine
Quelle gefunden, die denn doch einen Haufen Angaben dazu macht (Uni Köln: Seminar: Einführung in die klinische Neuropsychologie SS06 - ein Referat von Kirsten Heidbrede, Henrike Mente und Maike Rosentalski). Der vor diesen Teil des Artikels gestellte Satz "Es ist unklar, ob der Autismus als Ganzheit oder nur Komponenten vererbt werden (etwa Dispositionen zu kognitiven, emotionalen und sprachlichen Störungen." gefiel mir schon mal gut!
An hirnorganischen Veränderungen wird dort genannt:
1. Im Alter von ca. 2 Jahren weisen Autisten ein höheres Gehirnvolumen, als andere Kinder auf (Bedeutung jedoch noch unklar)
2. Funktionsstörung der linken Hirnhälfte
3. Stammhirn kleiner als bei Gesunden
4. Unterentwicklung des Kleinhirns (cerebelläre Hypoplasie) (Kleinhirn: Erhaltung des Gleichgewichts, Regulation des Muskeltonus, Koordination von Bewegungen)
(nur bestimmte Bereiche; keine Unterfunktion)
5. Gestörte Hirnwellenmuster
6. Verminderte Hirndurchblutung
7. Nur begrenztes Zurechtstutzen der überflüssigen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen im Kindesalter (zu viele Kontaktstellen) oft fehlt jedoch wichtige Verbindung zwischen Hirnteilen; besonders Gefühlszentrum schlechter verdrahtet; manchmal fehlen sogar Verbindungen zwischen ganzen Hirnregionen oder zwischen der rechten und linken Gehirnhälfte.
8. Gesichtserkennungszentrum (Areal in Großhirnrinde) ist nicht aktiv, stattdessen reagiert beim Anblick von Gesichtern das Objekterkennungszentrum
9. Bei Imitation von Gesichtsausdrücken zeigt sich eine geringere Aktivierung der Insula und Amygdala (Gefühlszentren) sowie einer Gehirnregion (Teil der unteren Stirnhirnwindung), die Spiegelneuronen enthält (Ausmaß der Aktivierung der Spiegelneuronenà entspricht Ausmaß sozialer Beeinträchtigung).
10. Möglicherweise Probleme beim Wahrnehmen von Bewegungen
weniger Aktivität im linken Temporallappen (bringt Detailinformationen in einen Zusammenhang) bei Beobachtung bewegter Bilder (Autisten nehmen mehr Details wahr als Gesunde).
Als "biochemische Indikatoren" werden außerdem genannt:
- 25% der autistischen Kinder haben einen erhöhten Serotoninspiegel im Blut
- 50% haben einen erhöhten Dopaminspiegel (Lustigerweise steht da u.a., das würde dann ein Aufmerksamkeitsdefizit verursachen!)
- 54% haben einen erhöhten Endorphinspiegel
Alle diese Neurotransmitter heben übrigens üblicherweise das Wohlbefinden, wenn sie in größeren Mengen ausgeschüttet werden.
01.08.06, 23:16:16
Lisa M.
Eine Ergänzung zu Punkt 9: Das wird ja immer mal als die Ursache überhaupt dargestellt, und jetzt habe ich grade mal eine *etwas andere* Darstellung der Sache gelesen:
"(Eric Courchesne) Seine Frau und Kollegin, Karen Pierce, und drei weitere Kollegen entdeckten im Jahr 2001 in ihrem Labor in La Jolla mit Hilfe bildgebender Verfahren, dass bei Autisten keine Hirnaktivität auftrat, wenn sie ein Bild oder ein Gesicht betrachteten. Pierce, die selbst mit autistischen Kindern gearbeitet hatte und infolgedessen nicht unerfahren war, begegnete solchen Befunden mit Skepsis. Sie wiederholte die Untersuchung. Dieses Mal konfrontierte man die autistischen Kinder mit dem Gesicht ihrer Mütter und erhielt folgendes Ergebnis: Bei ihnen kam es jetzt - wie bei normalen Kindern - zu einem Anstieg der Hirnaktivität,
aber dieser fiel, als sie das Gesicht ihrer Mütter sahen, bedeutend größer aus als bei normalen Kindern."
(Patricia Stacey: Der Junge, der die Fenster liebte. S. 215-216. Hervorhebung im Original, dort allerdings nicht in rot, sondern nur kursiv.) Diese Hervorhebung ist nämlich der absolute Hammer: Bei jeder anderen Quelle, in der ich das bis jetzt gelesen habe, wird dieser Teil weggelassen! Im allgemeinen fehlt sogar der Hinweis, dass das Ergebnis anders ausfällt, wenn man nicht ein fremdes Gesicht nimmt, sondern die Mutter. Das fand ich nur einmal woanders.
01.08.06, 23:52:56
Silvana
Ich bin mir bei dem Text nicht sicher ob die Symtome in der Hirnveränderung nun für KSler, ASler oder beide gild.
Und ob diese Symtome bei beiden gruppen gleich stark ausgeprägt sind.